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Haiti steht vor einer historischen Premiere: Erstmals seit fast sechs Jahrzehnten qualifiziert sich die Männer-Nationalmannschaft für eine Fußball-Weltmeisterschaft. Während das Land mit Hunger, Gewalt und politischem Chaos kämpft, ist die sportliche Sensation nicht nur ein Lichtblick – sie bringt auch neue Herausforderungen mit sich in der WM Gruppe C. Dort spielt man gegen Brasilien, Marokko und Schottland.

Marokko
Haiti
Schottland
Rückkehr auf die große Bühne nach 58 Jahren
Die Fußballwelt blickt erstaunt nach Haiti. Mit dem Gruppensieg gegen Honduras, Costa Rica und Nicaragua sicherten sich die „Grenadiers“ das WM-Ticket für 2026. Zuletzt war das Land 1974 bei einer Weltmeisterschaft vertreten. Damals scheiterte man in der Vorrunde, heute stehen die Chancen besser – zumindest sportlich.
Dabei war der Weg zur Qualifikation alles andere als selbstverständlich. Die Mannschaft, trainiert vom Franzosen Sébastien Migné, überraschte mit einem kompakten und kämpferischen Spielstil. Auch wenn in den USA, Kanada und Mexiko viele haitianische Fans leben, wird ihre Unterstützung im Stadion ausbleiben – wegen Einreiseverboten und Visaproblemen.
Fußball als Flucht aus dem Alltag
Die Begeisterung über die WM-Qualifikation ist riesig – und das trotz katastrophaler Zustände im Land. Haiti zählt zu den ärmsten Ländern der westlichen Hemisphäre. Über die Hälfte der Bevölkerung leidet unter Ernährungsunsicherheit. Gewalt, Bandenkriminalität und politische Instabilität prägen den Alltag seit Jahren. Seit der Ermordung von Präsident Jovenel Moïse 2021 ist das Land praktisch führungslos.
In diesem Kontext ist der Erfolg der Nationalmannschaft mehr als nur sportlich: Er bringt Hoffnung. Auf den Straßen von Port-au-Prince wurde gefeiert wie lange nicht mehr. Die „Grenadiers“ werden zum Symbol für Durchhaltevermögen in einem Land, das kaum noch zur Ruhe kommt.
Symbolik und Stolz – doch Probleme bleiben
Der historische WM-Einzug fällt auf den 18. November – ein symbolträchtiges Datum in Haiti. 1803 besiegten haitianische Truppen die Kolonialmacht Frankreich in der Schlacht von Vertières. Mit dem Triumph endete die Kolonialherrschaft, Haiti wurde der erste von Schwarzen geführte Staat der Welt.
Auch heute knüpfen viele an dieses Erbe an. Der haitianische Senator Patrice Dumont brachte es auf den Punkt: „Selbst mit Hunger kann man stolz sein.“ Doch trotz aller Euphorie bleibt der Alltag brutal. Mehr als 1,3 Millionen Menschen sind innerhalb Haitis auf der Flucht, die Hauptstadt ist weitgehend in der Hand von Gangs.
Die WM als Fernziel – mit vielen Hürden
Ob Haitis Nationalmannschaft tatsächlich vor heimischem Publikum spielen kann, ist unklar. Wegen verschärfter US-Einreiseregeln, die noch aus der Ära Trump stammen, könnten viele Fans und sogar Spieler an der Grenze scheitern. Auch politische Ausnahmegenehmigungen für Turnierzwecke erscheinen derzeit unwahrscheinlich.
Und doch: Für ein Land, das in den Schlagzeilen meist nur mit Katastrophen auftaucht, ist diese WM ein seltener Grund zur Freude. Haiti ist wieder auf der Fußballkarte – hungrig, aber stolz.