Inhaltsverzeichnis - das findest du hier
Nagelsmanns Entscheidung, Leroy Sané öffentlich zu kritisieren, sorgt für Unmut bei prominenten Ex-Nationalspielern. Lothar Matthäus und Matthias Sammer stellen die Kommunikationsstrategie des Bundestrainers offen infrage – und fordern mehr Fingerspitzengefühl im Umgang mit Individualisten.

Matthäus: „Ich hätte Sané nie außen vor gelassen“
Rekordnationalspieler Lothar Matthäus nutzte seine Sky-Kolumne für klare Worte in Richtung Nagelsmann. Der Ex-Weltmeister hält es für einen Fehler, Sané öffentlich zu kritisieren oder gar in Frage zu stellen. Aus seiner Sicht sei es Aufgabe eines Trainers, seinem Spieler Vertrauen zu geben – unabhängig von der Liga, in der dieser spielt. Der Wechsel in die Türkei dürfe dabei kein Kriterium sein: „Nur weil man in die Türkei wechselt, ist man doch kein schlechterer Spieler.“
Matthäus verweist dabei auch auf die Anpassungszeit, die Spieler nach Vereinswechseln benötigen. Dass Florian Wirtz in Liverpool Zeit eingeräumt wird, Sané bei Galatasaray aber sofort liefern müsse, sei ein Widerspruch. Auch die oft unterschätzte Süper Lig komme bei Matthäus besser weg als ihr Ruf: Galatasaray habe in dieser Saison nicht nur auf höchstem Niveau gespielt, sondern auch Klubs wie Liverpool und Ajax geschlagen.
Sammer fordert mehr emotionale Intelligenz
Auch Matthias Sammer kritisiert in seiner Sky-Sendung „Sammer & Basile – der Hagedorn-Talk“ die öffentliche Rüge an Sané. Für ihn geht es weniger um taktische als vielmehr um menschliche Fehler. Individualisten wie Sané, so Sammer, bräuchten „so viel Liebe, dass es knallt“. Dieses emotionale Grundvertrauen habe Nagelsmann dem Spieler entzogen, als er ihn öffentlich in die Pflicht nahm.
Die öffentliche Erklärung, dass es möglicherweise Sanés letzte Chance in der Nationalmannschaft sei, wertet Sammer als Fehler. „Du brauchst nicht in der Öffentlichkeit die Beziehungsebene infrage zu stellen“, so der ehemalige DFB-Sportdirektor. Auch wenn er selbst als junger Trainer ähnlich gehandelt hätte, hält er die Aussage dennoch für unangebracht.
Kritik an Bewertung nach Liga-Niveau
Ein weiterer Punkt, den Matthäus aufgreift: Die Qualität der Liga darf nicht als alleiniges Bewertungskriterium für Nationalspieler herangezogen werden. Wenn man Sané kritisiere, weil er in der Türkei spiele, dann müsse man auch hinterfragen, ob jeder Premier-League-Spieler automatisch ein Kandidat für die Startelf sein sollte. Matthäus fordert eine differenzierte Sichtweise und warnt davor, vorschnelle Urteile aufgrund von Liganamen zu fällen.
Auch die Argumentation, Sané zeige schwankende Leistungen, sei zwar nicht ganz von der Hand zu weisen, dürfe aber nicht zum pauschalen Ausschluss führen. Gerade bei Spielern mit besonderem Potenzial gehe es darum, sie aufzufangen – und nicht vorzuführen.
Zwischen Trainerautorität und Spielervertrauen
Die Diskussion um Sané zeigt ein grundsätzliches Spannungsfeld im Umgang mit schwierigen Spielern: Vertrauen stärken oder Druck erhöhen? Nagelsmann scheint sich für Letzteres entschieden zu haben – was ihm nun Kritik von zwei erfahrenen Fußballstimmen einbringt. Matthäus und Sammer fordern eine andere Ansprache. Nicht nur mit Blick auf Sané, sondern als generelles Signal an Spieler, die jenseits der Norm funktionieren.