WM Aus 2018: DFB drehte den Nationalspielern das WLAN ab

Selbst jetzt, etwa drei Wochen nach dem unverhofft frühen Ende der Weltmeisterschaft für die deutsche Mannschaft wird noch heftig über die Gründe dafür spekuliert. Offenbar war der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit der Freizeitgestaltung einiger Spieler während der WM nicht zufrieden. Die Hintergründe zu dieser WM-Geschichte sowie zum Umgang mit Gaming und E-Sport beim DFB erfahrt ihr in diesem Artikel.

Joachim Löw auf dem Rasen von Kasan nach dem Ausscheiden gegen Südkorea. / AFP PHOTO / Luis Acosta
Joachim Löw auf dem Rasen von Kasan nach dem Ausscheiden gegen Südkorea. / AFP PHOTO / Luis Acosta

Wenn man an die Nationalelf, die inzwischen unter dem offiziellen Titel »Die Mannschaft« bekannt geworden ist denkt, dann hat man vermutlich erwachsene Männer vor Augen. Um so überraschender ist es, was im WM-Quartier der Fußballer während der WM passiert ist: Anscheinend war die Gaming-Affinität der Spieler so hoch, dass der DFB ihnen das W-LAN abdrehte, berichtet die Bild-Zeitung.

Besonders beliebt: Fifa 18, Fortnite, Call of Duty

Demnach hätten einige Nationalspieler im WM-Hotel in Watutinki, nahe Moskau, zu viel Zeit an der Playstation verbracht. Fifa 18, Fortnite, Call of Duty – die Profis hätten sich nicht mehr auf das Turnier und das körperliche Training konzentriert, sondern waren mit dem Kopf die ganze Zeit bei ihrrem virtuellen Zeitvertreib. Bis der DFB zumindest in einer Nacht das Netzwerk komplett abschaltete. Dadurch konnten die Spieler nicht mehr gegeneinander oder mit Freunden spielen.

Ein heftiger Schritt, den man eher auf einer Grundschul-Klassenfahrt oder bei den Pfadfindern erwartet hätte, nicht aber bei der DFB-Elf während der Weltmeisterschaft in Russland. Immerhin handelt es sich bei unseren Spielern um erwachsene Menschen, die sicherlich selbst gut einschätzen können, wie sie sich am besten auf ihre Spiele vorbereiten. Es passt jedoch in das Gesamtbild, das die DFB-Spieler bei ihrem kurzen Aufenthalt bei der WM in Russland abgegeben haben. „Ich glaube, am Ende waren zu viele Spieler mehr mit sich selbst beschäftigt“, meinte Teammanager Oliver Bierhoff in seiner ersten Analyse nach dem überraschenden Ausscheiden in der Vorrunde. Möglich, dass er damit auch auf die ausufernden Gaming-Aktivitäten seiner Schützlinge anspielen wollte.

Jungs spielen FIFA 18 - ein besonders beliebtes Playstation-Spiel. (Shutterstock.com)
Jungs spielen FIFA 18 – ein besonders beliebtes Playstation-Spiel. (Shutterstock.com)

Das Thema E-Sport und Gaming ist beim DFB ohnehin schon lange ein rotes Tuch. Zwar wurde diese strikte Ablehnung im April etwas aufgeweicht, allerdings nur in Bezug auf fußballbezogene Games. Zu diesem Zweck wurde eigens der Begriff »E-Soccer« geprägt, um »diese klare Abgrenzung und Ausrichtung auf die sportlich relevanten Computerspiele zu unterstreichen und missverständlichen Deutungen des Begriffs E-Sport vorzubeugen«.

E-Sport: Kritik von Grindel

DFB-Präsident Reinhard Grindel hatte den E-Sport zuvor als „absolute Verarmung“ bezeichnet und als „größte Konkurrenz“ im Bemühen, Nachwuchs für Sportvereine zu finden. „Mir war immer wichtig, auf die tatsächlichen Inhalte von E-Sport hinzuweisen und deutlich zu machen, dass wir als Verband die vor allem darunter zusammengefassten Gewaltspiele ablehnen“, erklärte er nun. „Wir wollen keine Spiele fördern, in denen Kinder auf andere schießen und das Ganze auch noch als Sport bezeichnet wird.“ Wenn dagegen fußballbezogene Spiele als Ergänzung zum Sport im Verein wirkten und über diesen Weg sogar Nachwuchs in den Verein kommen würde, fände dies Unterstützung.

Der größte Sportfachverband der Welt zeigt zudem Kompromissbereitschaft: Damit E-Sport-Vereine grundsätzlich die Mitgliedschaft im DFB beantragen können, muss zunächst die entsprechende Anerkennung durch die zuständigen Landessportbünde und den Deutschen Olympischen Sportbund erfolgen. Zusätzlich will der DFB nur solche Vereine aufnehmen, die sich mit fußballbezogenen Spielen und Wettbewerben wie etwa FIFA befassen. Ob und wie stark sich die Regional-und Landesverbände beim E-Soccer selbst engagieren, sei diesen selbst überlassen.

Das übergeordnete gemeinsame Ziel für die Fußballverbände sei es, E-Soccer als eine Ergänzung des Vereinslebens zu betrachten, um Kinder und Jugendliche dazu zu bewegen, aktiv Fußball zu spielen.

Österreich plant eigenes E-Sports Team

Währenddessen sieht man in Östereich, dass es auch anders geht. Der Ex-ÖFB-Kapitän Christian Fuchs plant laut Daily Mail, ein eigenes E-Sports-Team zu gründen. Professionelle FIFA-Spieler sollen sein Team bei Turnieren auf der ganzen Welt vertreten. Im Gegensatz zum DFB hat Fuchs aber auch das Potenzial anderer großer E-Sports-Titel im Visier, weswegen er plant, auch in weitere eSports-Videospieltitel zu investerien.

Aktuell boomt auch für E-Sport-Vereine die Streaming-Branche. Viele Fans wollen ihren Lieblingen nicht nur bei den seltenen Live-Veranstaltungen beim Spielen zusehen, sondern auch bei Trainings und ähnlichen Gelegenheiten mitfiebern. Einen guten Guide zum Thema gibt es hier.

Wer schreibt hier?

    by
  • Nils Römeling

    Nils Römeling, seit 2006 aktiv, hat sich als Autor und Betreiber mehrerer angesehener Fußballwebseiten etabliert. Diese Plattformen bieten umfassende Berichterstattung über diverse Aspekte des Fußballs – von der deutschen Nationalmannschaft über die Bundesliga bis hin zu internationalen Begegnungen und dem Frauenfußball. Er hatte das Privileg, bedeutende Fußballereignisse wie die Weltmeisterschaften 2010, 2014 und 2022 sowie die Europameisterschaften 2016 und 2021 live zu erleben und darüber zu berichten. In seiner Freizeit unterstützt er leidenschaftlich den FC Augsburg und besucht regelmäßig Spiele im Stadion.

P