Künstliche Intelligenz im Fußball: Wie Algorithmen den Transfermarkt und das Management verändern

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Profifußball nimmt rasant zu. Was als retrospektive Datenanalyse begann, entwickelt sich zu einem umfassenden Werkzeug zur Leistungsprognose – inklusive „Aufstiegsgarantie“. Das Hamburger Unternehmen Plaier will mit seinem System „EffectR“ den Fußball auf eine neue mathematische Ebene heben.

Am 30. Mai 2024 beaufsichtigt Deutschlands Cheftrainer Julian Nagelsmann eine Trainingseinheit der deutschen Fußballnationalmannschaft im regnerischen Blankenhain, Ostdeutschland, zur Vorbereitung auf die UEFA EURO 2024. (Foto: Tobias Schwarz / AFP)
Am 30. Mai 2024 beaufsichtigt Deutschlands Cheftrainer Julian Nagelsmann eine Trainingseinheit der deutschen Fußballnationalmannschaft im regnerischen Blankenhain, Ostdeutschland, zur Vorbereitung auf die UEFA EURO 2024. (Foto: Tobias Schwarz / AFP)

Mehr als Moneyball: KI prognostiziert Spielereffektivität

Was vor über 20 Jahren bei den Oakland A’s im Baseball begann, erreicht mit der Plattform Plaier eine neue Dimension im Fußball. Anders als das klassische Moneyball-Konzept, das auf historischen Daten beruht, nutzt die KI von Plaier dynamische Modelle, um zukünftige Leistungen vorherzusagen. So kann analysiert werden, gegen welchen Gegenspieler ein Spieler besonders effektiv wäre. 31 Positionen, 140 Parameter pro Position, Millionen von Datenpunkten pro Spieltag – die Tiefe der Analyse ist bislang einzigartig.

Der Algorithmus weiß, wer aufsteigen wird

Mit der KI-Engine „EffectR“ bewertet Plaier jeden Spieler mit einem sogenannten Score. Dieser soll aufzeigen, wie leistungsfähig ein Spieler im Kollektiv agieren kann. Der durchschnittliche Bundesliga-Spieler erhält laut Angaben etwa 4500 Punkte, in der Premier League liegt der Schnitt bei 5000. Weltweit gibt es rund 200 Spieler mit einem Wert über 6000. Auf dieser Basis errechnet die Software die Aufstiegswahrscheinlichkeit eines Kaders. Liegt ein Verein mit seinem Gesamtscore über einem bestimmten Schwellenwert, wird ihm laut Plaier eine 60-prozentige Wahrscheinlichkeit auf den Aufstieg in sechs von zehn Jahren prognostiziert – unter der Bedingung, dass auch das Budget stimmt.

Scouting neu gedacht – aber nicht abgeschafft

Auch beim Scouting setzt die KI neue Maßstäbe. Transferprognosen seien mit einer Treffergenauigkeit von 90 Prozent möglich, behauptet Plaier-Mitgründer Jan Wendt. Zum Vergleich: Menschliche Scouts erreichen laut ihm maximal 60 Prozent. Dabei löst sich die KI von klassischen Annahmen: Muss ein Stürmer zwingend kopfballstark sein? Die Maschine stellt solche Prämissen infrage und analysiert rein auf Basis des erwarteten Team-Effekts. Trotzdem betont Wendt: Der klassische Scout verschwindet nicht. Vielmehr werde die Grundunsicherheit, ob ein Spieler grundsätzlich geeignet ist, durch die KI beseitigt. Für Teamchemie, Mentalität und persönliche Einschätzungen bleibt der Mensch weiterhin unverzichtbar.

Die stille Revolution des Fußballs

Über 50 Profiklubs weltweit, darunter auch einige aus der Bundesliga, arbeiten bereits mit Plaier zusammen. Der Einsatzbereich reicht von Trainingssteuerung über Taktikanalyse bis zum Management von Kadern. Die Revolution des Fußballs findet laut Wendt im Stillen statt – in den Bereichen, die von außen oft unsichtbar bleiben. Medizin, Logistik, Analyse – und nun auch verstärkt in der sportlichen Strategieplanung. Die Frage ist nicht mehr, ob Künstliche Intelligenz den Fußball verändert, sondern nur noch, wie schnell.

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