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Friederike Kromp, Trainerin bei Werder Bremen und ehemalige U17-Europameisterin, sieht die EM-Leistung der deutschen Frauen-Nationalmannschaft deutlich kritischer als viele Beobachter. Im Gespräch mit dem Spiegel hinterfragt sie sowohl die spielerische Qualität als auch die Erwartungshaltung rund um das Team von Bundestrainer Christian Wück.

Ernüchterung nach dem Halbfinale gegen Spanien
Deutschland verlor im EM-Halbfinale knapp mit 0:1 gegen Spanien – ein Ergebnis, das auf dem Papier knapp klingt, aber laut Kromp die Realität nicht widerspiegelt. „Spielerisch trennten die Teams Welten“, stellt sie klar. Dass das DFB-Team überhaupt so weit kam, sei vor allem dem Glück zuzuschreiben. Spanien habe zu viele Chancen liegen lassen – ein Aspekt, der das Ergebnis schmeichelhafter wirken lasse, als es war.
Außenseiterfußball statt Dominanz
Bereits vor dem Halbfinale war die deutsche Spielweise laut Kromp wenig überzeugend. Im Viertelfinale gegen Frankreich (6:5 n.E.) und besonders beim klaren 1:4 gegen Schweden habe Deutschland wie ein Außenseiter agiert – trotz des höheren Anspruchs. Auch die Begründung, die schwache Leistung auf Platzverweise zu schieben, greife für Kromp zu kurz. Der spielerische Auftritt sei schon in der Gruppenphase durchwachsen gewesen – etwa gegen Polen (2:0) und Dänemark (2:1), wo die deutsche Mannschaft nicht gerade überlegen wirkte.
Euphorie statt realistischer Selbsteinschätzung
Kromp bemängelt die überzogene Erwartungshaltung vor dem Turnierstart. Während öffentlich vom Titel gesprochen wurde, habe es intern an realistischer Einschätzung gefehlt. „Ich war überrascht, wie euphorisch man da reingegangen ist“, so Kromp. Statt einer Wachstumsstrategie sei ein klares Ziel – der Titel – ausgegeben worden, was sich letztlich als Druckfaktor entpuppte. „Und wer das ausgibt, muss sich daran messen lassen.“
Schwächen in der Defensive und mangelnde Stabilität
Besonders deutlich seien laut Kromp die defensiven Schwächen gewesen – selbst in Spielen, die Deutschland klar gewonnen habe. Die Mannschaft wirkte für sie „anfällig“ und nur phasenweise dominant – selbst gegen schwächere Gegner. Die mangelnde Stabilität sei über das gesamte Turnier hinweg spürbar gewesen und habe letztlich eine größere Rolle gespielt als viele einräumen wollen.